Bis in den Morgen des 23. September 2020 wurde im Wirtschaftsministerium noch am Gesetz gearbeitet. Tatsächlich finden sich im Vergleich zum Referentenentwurf einige Änderungen. Kritik hatte es unter anderem daran gegeben, dass auch kleinere Solardachanlagen ab 100 kW Leistung in die Ausschreibungen gehen sollen. Das Argument: Für mittelständische Betriebe seien die Verfahren zu komplex. Mit dem Kabinettsentwurf hebt das Wirtschaftsministerium die Schwelle für die Teilnahme an Ausschreibungen auf 500 kW an. In der Konsequenz sinkt auch die Ausschreibungsmenge für die Dachanlagen, statt 5.300 MW sollen es nun 2.500 MW bis 2028 sein, aufgeteilt auf jährliche Chargen von bis zu 350 MW. Gestiegen sind dagegen die Ausschreibungsmengen bei der Bioenergie: Bis 2028 sollen es nun 4.000 MW statt 2.400 MW sein.
Umlagebefreiung für Eigenverbrauch
Ausgeweitet wurde zudem die Umlagebefreiung für Anlagen in der Eigenversorgung. Künftig soll selbst verbrauchter Strom aus Anlagen bis zu einer Leistung von 20 kW (aktuell 10 kW) befreit sein. Die Regelung gilt für eine Menge von 10.000 kWh pro Jahr. Die Erneuerbaren-Richtlinie der EU sieht eine Belastung eigentlich erst ab einer Anlagengröße von 30 kW vor. Geändert hat das Bundeswirtschaftsministerium auch die Pläne, die Einspeisevergütung für Erzeugungsanlagen bereits zu kappen, wenn der Strompreis an der Börse eine Viertelstunde lang negativ ist. Künftig entfällt die Vergütung erst, wenn der Spotmarktpreis für eine Stunde unter null fällt. Mehr Geld gibt es zudem für Mieterstrom. Die Zuschläge steigen je nach Größe auf bis zu 3,79 Cent pro kWh, fast 50 Prozent mehr als im Entwurf vorgesehen.
Ausbauziel in der Diskussion
Im parlamentarischen Verfahren dürfte es allerdings weitere, auch grundlegende Änderungen am EEG geben – etwa beim Ausbauziel für die Erneuerbaren. Auch innerhalb der Bundesregierung wurde bis zuletzt um dieses Thema gerungen. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) verband ihre Zustimmung zum EEG im Kabinett mit einer Protokollerklärung, in der sie angesichts der absehbaren Erhöhung des EU-Klimaziels für 2030 fordert, die nationalen Ausbauziele für erneuerbare Energien anzuheben. Wirtschaftsminister Altmaier steht dem offen gegenüber. Er betonte aber, dass die Lasten für ein verschärftes EU-Klimaziel zwischen den EU-Staaten fair verteilt werden müssen. Dennoch dürfte eine Erhöhung der Ausbaupfade wahrscheinlich sein. Dies könnte auch notwendig werden, wenn sich beim vorgesehenen jährlichen Monitoring zeigt, dass der Stromverbrauch höher ausfällt als vom Bundeswirtschaftsministerium angenommen.
Anschlussförderung für Windräder
Im parlamentarischen Verfahren könnte zudem noch eine Regelung für ausgeförderte Windkraftanlagen hinzukommen. Für die Solarenergie ist diese bereits vorgesehen. Post-EEG-Anlagen dürfen demnach weiter einspeisen und erhalten dafür den Marktwert vom Netzbetreiber. Insbesondere Niedersachsen drängt aber auf Anschlussregeln für alte Windanlagen, damit diese nicht vom Netz gehen. Wirtschaftsminister Altmaier will darüber im Rahmen eines Round Table mit Branchenvertretern sowie dem Umwelt- und Finanzressort beraten. Er hoffe darauf, dass er mit den Beteiligten bis November eine Lösung finden werde, betonte er in Berlin. Ebenfalls noch aufgenommen werden soll eine Lösung, um Elektrolyseanlagen von der EEG-Umlage zu befreien. Sehr wahrscheinlich wird dies über eine Ausweitung der bestehenden Industrieausnahmen erfolgen.
Kunden müssen sich auf neuen CO2-Preis einstellen
Ab dem 1. Januar 2021 wird der Erdgasverbrauch mit deutlichen Mehrkosten belegt. Gerade industrielle Verbraucher müssen sich intensiv mit dem Start des CO2-Handels im Wärmemarkt auseinandersetzen.
Ab 2021 müssen sogenannte Inverkehrbringer von fossilen Brennstoffen nach dem neuen Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) CO2-Emissionsberechtigungen für diese erwerben. Anfangs liegt der Preis bei 25 Euro pro Tonne CO2, bis 2025 steigt er dann auf 55 Euro an. Damit verteuert sich Gas und Wärme bei allen Kundengruppen. Das betrifft im Wärmemarkt und im Verkehrssektor nicht nur private Haushalte, sondern gilt darüber hinaus auch für Industrieunternehmen, die Erdgas für ihre Prozesse nutzen.
25 Prozent plus schon im ersten Jahr
Auf die Kunden kommen damit ab dem kommenden Jahr Mehrkosten zu. Die anfängliche Mehrbelastung für typische mittelständische Industriekunden, die bisher 20 Euro/MWh für ihr Gas bezahlen, wird zum Beispiel mit etwa 25 Prozent prognostiziert. Nach 2025 startet erst der eigentliche CO2-Handel, in dem nochmals höhere Preise wahrscheinlich sind.
Nimmt ein Unternehmen nicht selbst am Großhandel teil, ist es also nicht für die Ableitung der Energiesteuer an das Hauptzollamt zuständig, dann kommt der neue CO2-Preis beim Energielieferanten an, der ihn an seine Kunden durchreicht. Die Versorger sind aufgefordert, ihn möglichst "kostenminimierend" weiterzugeben. Dazu gehört auch, dass der Versorger das seit Jahren gültige Emissionshandelssystem ETS im Blick hat, um eine Doppelbelastung für industrielle Verbraucher auszuschließen. Laut BEHG sind die anfallenden Kosten des ETS durchaus abzugsfähig, werden aber nicht automatisch abgezogen. Beschafft das Industrieunternehmen sein Gas dagegen direkt im Großhandel, dann haben es die eigenen Mitarbeiter in der Hand und müssen den Antrag auf Abzugsfähigkeit stellen.
Neben Gas für Prozesse und das Heizen ist in Industrieunternehmen auch der Brennstoff in industriellen KWK-Anlagen von der neuen CO2-Bepreisung betroffen. Die Eigenerzeugung mittels KWK wird daher in vielen Bereichen schwierig. Zwar steigt die KWK-Förderung absehbar an, dennoch ist das nicht ausreichend, um die Mehrbelastung durch das BEHG auszugleichen.
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